Gedanken zum Volkstrauertag

Die Gedenkrede zum Volkstrauertag bei der diesjährigen Gedenkfeier auf dem Bergedorfer Friedhof hat Lenka A. Brodbeck gehalten, aus Prag stammende Abgeordnete der GRÜNEN Bezirksfraktion und stellvertretende Vorsitzende der Bezirksversammlung Bergedorf.

17.11.21 –

 
Die Gedenkrede zum Volkstrauertag bei der diesjährigen Gedenkfeier auf dem Bergedorfer Friedhof hat Lenka A. Brodbeck gehalten, aus Prag stammende Abgeordnete der GRÜNEN Bezirksfraktion und stellvertretende Vorsitzende der Bezirksversammlung Bergedorf.

 

Der deutsche Soldat ist in vielen Teilen Europas eine negative Figur verbunden mit Angst.
Bis heute wird dies Stereotyp in Filmen ausgenutzt. Die erzeugte Atmosphäre ist meistens düster, entmenschlicht, böse.

In der Erinnerungskultur vieler Nationen Europas werden als Helden diejenigen gefeiert, die sich der Wehrmacht entgegenstellten, ihren Gräueltaten entflohen oder, wenn es nicht anders gelang, als ihre Opfer gefallen sind. Verschwundene Dörfer, verschollene Leben.

Das vereinte Europa lebt noch heute vielerorts unter einem vorsichtigen Vorbehalt gegenüber den deutschen Interessen. Noch sind Generationen mit direkten Erzählungen darüber, wie es damals, als die Wehrmacht einmarschierte, war, erwachsen geworden.

In drei Tagen, am 17.11, feiern wir den internationalen Studententag.

Am 17.11.1939, wurde in der sog. Sonderaktion Prag im von der Wehrmacht besetzten Protektorat Böhmen und Mähren die Prager Universität – übrigens die erste deutsche Universität Europas – gestürmt und ca. 1200 Studenten wurden in Konzentrationslager gebracht. 9 wurden noch am Abend des Tages standrechtlich erschossen.

In Prag an einem Gebäude der Karlsuniversität steht auf einer Gedenktafel im Zusammenhang mit dem internationalen Studententag das Motto: Kdy – když ne teď? Kdo – když ne my? – Wann – wenn nicht jetzt? Wer – wenn nicht wir?

Erst als ich begriffen habe, dass meine binationalen Kinder Nachkommen derjenigen Menschen sind, die in Frankreich oder an der Ostfront kämpften, ließ ich zu, hinter dem deutschen Soldat nicht nur den Kämpfer eines Unrechtsregimes, sondern auch einfach einen Mensch zu sehen.

Viele der Männer, die damals durch Europa zogen, waren jung und haben gewiss schnell begriffen, dass Krieg kein Abendteuer ist. Um es mit Worten des tschechischen Sänger Karl Kryl zu sagen, der in Westberlin Asyl vor dem kommunistischen Regime fand: Denkt ihr, Sie wollten sterben?

Viele haben den Krieg sicherlich gehasst.

Es liegt gleichzeitig auf der Hand, dass den Mut, den die tschechischen Studenten aufgebracht haben, nämlich gegen das Unrechtsregime zu protestieren, und für den 9 von Ihnen unmittelbar mit dem Leben bezahlten und 1200 weitere ins Konzentrationslager kamen, – dass diesen Mut, sich aufzulehnen, auch jeder einzelne Wehrmachtssoldat hätte aufbringen können.

Denn es ist zwar immer, und bleibt für immer, eine Herausforderung sich dem System zu widersetzen, auf dessen Boden man/frau steht. Es bleibt aber für immer auch eine Notwendigkeit dies zu können. Denn Wann – wenn nicht jetzt? Wer – wenn nicht wir?

Wir sollten also vielleicht versuchen, gemeinsam aus der Situation der deutschen Soldaten des Dritten Reichs zu lernen: wie schwer es sein kann, in einer konkreten Situation zwischen zwei Handlungsoptionen zu wählen, die absehbar beide einen hohen Preis haben – mitzumachen oder sich zu widersetzen. Wir sollten dabei aber nie vergessen, dass das Mitmachen keine Heldentat ist, die eines Heldengedenkens würdig wäre; auch dann nicht, wenn Menschen beim Mitmachen persönliches Leid erfahren oder gar ihr Leben verloren haben.

Ich möchte heute besonders diejenigen würdigen, die desertierten, die aufgaben, die flüchteten, die sabotierten oder gar den Freitod wählten. Die Kollaborateure des Friedens, die Zivilisten versteckten, die Kinder nicht verrieten, die Frauen retteten oder gar mit einem Feind Freundschaft schlossen. Diejenigen, die den Krieg hassten und um jeden Preis versuchten, das Gute im Mensch, seine Fürsorge, Liebe, Brüder- und Schwesterlichkeit zu bewahren, zu leben – nicht aufzugeben.

Denn Wann – wenn nicht jetzt? Wer – wenn nicht wir?

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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